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Jahresbericht 2014

Die ganze Affolter-Therapie hat einen unheimlichen Werdegang durchgemacht. Jedes Jahr waren neue Sachen dran – da merkten wir, da ist eine Entwicklung im Gange…

Elisabeth Brassel im Interview

Liebe Mitglieder

Dieses Zitat aus dem Interview mit Elisabeth Brassel für den neuen Film über das Affolter-Modell® erscheint mir passend für den letzten Jahresbericht in meiner „Amtszeit“ als Präsidentin der APW. Ständiger Wandel ist aus meiner Sicht ein Charakteristikum des Affolter-Modells®, und wir alle tragen zu diesem Wandel bei. Möglich ist das nur durch ein Klima offener Diskussion, um das wir uns immer bemüht haben und dem alle auch weiterhin Sorge tragen müssen, soll das Modell nicht irgendwann in der Ecke der „verstaubten Ewiggestrigen“ landen. Hierzu ein weiteres Zitat: Sabina Sell-Krude wurde vor einiger Zeit um einen Artikel für ein Fachbuch im Bereich der Pädiatrie gebeten. In der Vorbesprechung meinten die Herausgeberinnen, dass „das Affolter-Modell® wohl nicht mehr zeitgemäß wäre, man würde so gar nichts hören.“ Wenn ich die vergangenen Jahre Revue passieren lasse, sind es tatsächlich immer nur wenige, die bereit sind, sich zu exponieren, indem sie ihre Arbeit vorstellen und damit der internen und externen Diskussion aussetzen. Umso mehr freut es mich, dass der neue Film zum Affolter-Modell®, den wir an der GV 2015 vorstellen werden, Einblicke in die Praxis gewährt, die zeigen, dass das Modell nicht nur lebt, sondern auch gelebt wird. Leben bedeutet immer Anpassung. Anpassung an verschiedene Gegebenheiten, ohne dabei den eigenen Charakter zu verlieren. So entstand in der Arbeit mit Eva Roselt ein buntes Bild, das hoffentlich viele Eltern und Fachkräfte dazu bewegt, sich näher mit dem Affolter-Modell® auseinander zu setzen. Ich danke allen, die bereit waren, sich über die Schulter schauen zu lassen. Ich danke der Projektgruppe für ihre engagierte Mitarbeit und natürlich Eva Roselt für ihren einfühlsamen Blick. Mein ganz besonderer Dank gilt aber den jungen und älteren Menschen mit Wahrnehmungsstörungen und ihren Angehörigen, die uns an ihrem Schicksal teilhaben liessen. Sie können anderen Mut machen.

Mut und Durchhaltevermögen brauchten wir im vergangenen Jahr auch in der alltäglichen Arbeit. Die Erkrankung von Barbara Bossart und später auch von mir warfen die erst mühsam wieder geschaffenen Routinen im Alltagsgeschäft ziemlich „über den Haufen“. In dieser Zeit zeigte der Vorstand seine grossen Qualitäten. Alle setzten sich ein und übernahmen selbstverständlich die anstehenden Aufgaben. Darüber hinaus unterstützten uns die mit uns verbundenen Organisationen mit „Hand- und Spann- Diensten“. Dafür danke ich – stellvertretend für alle – ganz besonders Annette Schneider vom Therapiezentrum Burgau und Adrian Hofer von der Stiftung wahrnehmung.ch in St. Gallen.

Das überzeugt mich – wenn ich es nicht schon vorher gewesen wäre – dass der Vorstand auch im kommenden Geschäftsjahr gute Arbeit leisten kann und wird. Ab der GV sind verschiedene Vorstandsposten neu zu besetzen: Neben meinem „planmässigen“ Rücktritt verlassen auch Jeannette Schäfer und Paula Gränicher den Vorstand. Jeannette hat eine neue Praxis eröffnet und Paula kommt in ihrer Ausbildung in die „heisse Phase“. Da Florian Scherrer auf den Platz des Finanzverantwortlichen rotiert (siehe unten), wird darüber hinaus die Stelle des Quästors frei. Vielleicht finden sich ja engagierte Mitglieder, die diese Posten auf die Dauer übernehmen möchten. Sie könnten sich auf eine interessante und spannende Arbeit freuen, mit Leuten, mit denen man manchmal hart diskutieren, immer lachen und gelegentlich auch herrlich feiern kann. Vorschläge sind jederzeit willkommen! Ich danke auf diesem Wege dem gesamten Vorstand für die tolle Zeit, für sein Mitdenken und Mittragen und für sein grosses Engagement.

Was haben wir aber sonst noch zu berichten? Der Vorstand traf sich im vergangenen Geschäftsjahr zu drei ordentlichen Sitzungen (Dauer zwischen einem halben und einem ganzen Tag) und einer eintägigen Retraite. Die Projektgruppe Film traf sich bisher zu drei ganztägigen Sitzungen und im November organisierte – wie bereits im Jahresbrief erwähnt – Jürgen Söll im Therapiezentrum Burgau einen Informationstag zum Affolter-Modell®. Die rege Teilnahme lässt uns hoffen, dass diese niederschwellige Veranstaltung sich allmählich zu einem festen Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit zum Affolter-Modell® entwickelt. Ebenfalls von Jürgen Söll organisiert und zusammengestellt ist das neue Info-Heft 19 mit Beiträgen von Betroffenen und Angehörigen. Es bildet eine wunderbare Ergänzung zum Film. Auch hier danke ich dem Organisator und allen, die sich beteiligt haben, von Herzen. In der Vorstandssitzung vom 27. Juni konnte uns Jürgen Söll darüber hinaus eine gute Nachricht mitteilen: In Deutschland ist die Anwendung des Affolter-Modells® im Rahmen der stationären Pflege neu als Zusatzaufwand und damit als kostenwirksam anerkannt. Dies ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Mit der Qualifikation im Affolter-Modell® hat die APW in diesem Zusammenhang ein Instrument geschaffen, dass es erlauben wird, qualitative Kriterien für die Kostenwirksamkeit in Bezug auf das Affolter-Modell® festzulegen.

In der Geschäftsstelle kehrt ebenfalls allmählich wieder Ruhe ein. Barbara Bossart erhöht in kleinen Schritten wieder ihr Pensum und mit der Unterstützung von Anna Wössner, die seit Januar 2015 mit einem 20 %-Pensum bei uns eingestiegen ist, laufen die Geschäfte nun wieder rund. Dies auch dank der kompetenten Unterstützung durch unsere Finanzverantwortliche Erika Mayenfisch Pfister. Sie hat im vergangenen Jahr nicht nur die Verantwortung, sondern auch ganz konkret die Buchhaltung übernommen und so Barbara und mich massgeblich entlastet. Ich danke ihr von Herzen für die geleistete Arbeit und bedaure es ausserordentlich, dass das Rechnungsjahr 2015 ihr letztes als Finanzverantwortliche für die APW sein wird. Erika Mayenfisch Pfister verlässt den Vorstand mit der GV 2015. Sie wird aber zu unserer grossen Freude die Buchhaltung weiterhin führen. Für die Finanzen verantwortlich zeichnen wird in Zukunft Florian Scherrer. Mit der Unterstützung und dem Fachwissen von Erika Mayenfisch Pfister hoffen wir so, die solide Basis der Finanzen der APW weiterhin sicherzustellen.

Berichte aus den Ressorts und Kommissionen

Ressort Elternarbeit

Mein Name ist Claudia Schärer, und ich habe letztes Jahr in der APW die Angehörigenvertretung übernommen. Als Mutter eines Jungen mit einer anderen Art der Wahrnehmung möchte ich mich insbesondere für Familien und deren Angehörigen in einer ähnlichen Situation einsetzen. Persönlich hat mir die APW vor Jahren weitergeholfen, indem sie mich ein Verständnis für eben diese andere Art der Wahrnehmung zu entwickeln lehrte. In der Folge habe ich mich zur Wahrnehmungstherapeutin ausbilden lassen und arbeite heute u.a. in dieser Funktion an der sonderpädagogischen Tagesschule für Wahrnehmungsförderung in Zwillikon. Parallel dazu habe ich immer wieder Begleitungen von Kindern mit Problemen in der Wahrnehmung in Schule, Hort, bei kirchlichen Veranstaltungen, Ferienlager- und Theaterveranstaltungen übernommen. Dabei begleite ich nie nur die betreffenden Kinder sondern unterstütze immer auch das Umfeld. Wie wichtig ein angepasstes und informiertes Umfeld (oder eine entsprechende Umwelt) und gut gewählte Strukturen für positive Erlebnisse aller Beteiligten sind, erfahre ich ständig im Alltag.

Meinen angestammten Beruf als Juristin/Rechtsanwältin übe ich praktisch nicht mehr aus; nicht nur weil mich meine eigenen und zunehmend fremden Kinder auf Trab halten, auch weil ich mich selber sehr gerne derart auf Trab halten möchte. Juristisch bin ich nur noch tätig, wenn es darum geht, Ansprüche von Menschen mit Problemen in der Wahrnehmung gegenüber Behörden (Schule, Sozialversicherungen etc.) durchzusetzen. Das macht mir deutlich weniger Spass, ist aber leider immer mal wieder nötig. Aufgrund meiner beruflichen Präferenz werde ich ab August 2015 mit der Ausbildung zur Sozialpädagogin beginnen. Mein Wissen und meine persönlichen Erfahrungen stelle ich gerne all jenen zur Verfügung, die auf der Suche nach entsprechender Unterstützung sind. Daneben ist eines meiner Ziele, eine Vernetzung von Betroffenen und/oder deren Familien untereinander sowie mit den entsprechenden Fachstellen zu etablieren, um so zu einem effizienten und hilfreichen Erfahrungs- und Informationsaustausch für alle Interessierenden zu gelangen.

Ressort Therapeutenarbeit/Kurswesen 2014

Im Berichtjahr haben zertifizierte Einführungskurse in Deutschland (Berlin, Hamburg, Hannover, Burgau), Dänemark (Dianalund und Hammel) und Spanien (Pamplona) stattgefunden.
Zwei Grundkurse wurden abgeschlossen (Burgau, St.Gallen). Ausserdem fanden in Burgau (DE), St. Gallen und Sierre (CH) je ein weiterführender Kurs statt.
Im Rahmen des modularisierten Grundkurses fanden drei Einführungsmodule in Deutschland und der Schweiz statt. Die Stiftung wahrnehmung.ch bot das erste Basismodul an, und konnte den Kurs mit 14 Teilnehmern stattfinden lassen.
Wir danken hiermit den Institutionen, die die Durchführung der Kurse durch ihre Gastfreundschaft und Zusammenarbeit ermöglichen.

Kommission fachliche Belange

Die Kommission hat im Berichtsjahr zweimal getagt.
Das überarbeitete Formular für die Dokumentation der Beratungen zur Verlängerung der Qualifikation im Affolter-Modell® wurde von der Kommission an den Vorstand überreicht und zum Aufschalten auf der Homepage der APW empfohlen. Thema war ausserdem die Erleichterung der Zusammenarbeit bzw. des Austauschs zwischen angehenden Referenten und Instruktoren. Die Kommission schlägt vor, eine Liste aller bestehenden Studiengruppen für alle angehenden Lehrpersonen zur Einsicht zur Verfügung zu stellen.
Zwei Anträge, die gemäss dem Reglement Fallstudie A.8 gestellt wurden, hat die Kommission genehmigt. Die Arbeiten werden von Walter Bischofberger und Luzia Fischer betreut. Eine Fallstudie von zwei Westschweizerinnen, die von Félicie Affolter betreut wurde, ist abgeschlossen und genehmigt worden. Adrian Hofer hat im November als Kommissionsabgeordneter an der LLK in der Burgau beigewohnt.

Commission Romandie

Die Commission hat im Berichtsjahr in mehreren Sitzungen Einführungs- bzw. Vertiefungstage im Affolter-Modell® für verschiedene Westschweizer Institutionen (Cité du Genèvrier, La Branche und Fondation Renée Delafontaine) geplant und organisiert. Sie hat ausserdem die Vorbereitung für einen Einführungskurs abgeschlossen, welcher im Oktober stattfinden wird und bereits ausgebucht ist.
Zwei Mitglieder der Commission haben eine gemeinsame Fallstudie zum Thema "Taktile Interaktion und Entwicklung der sozialen Beziehungen" abgeschlossen. Die Studie wurde von Félicie Affolter betreut. Somit hat nun auch die Westschweiz zwei Instruktorinnen gewonnen, was uns sehr freut!

Kommission Beratungsstellen

Aufgrund meiner Erkrankung haben die Beratungsstellen-Leitungen sich im vergangenen Jahr leider nicht getroffen. Ich hoffe, dass wir nach der Konstituierung des neuen Vorstandes ein neues Treffen organisieren können. Die Auslastung der Beratungsstellen ist nach wie vor sehr unterschiedlich. Während in St Gallen, im Raum Zürich und im Therapiezentrum Burgau die Möglichkeit der telefonischen Beratung rege in Anspruch genommen wird, wird das Angebot in Graubünden praktisch nicht genutzt. Wir werden es aber dennoch aufrecht erhalten, da der Aufwand für die Leitungen ja ausserhalb der eigentlichen Beratungen minim ist. In Basel hat es einen Wechsel gegeben. Brigitta Keller ist in Pension gegangen (wir wünschen ihr an dieser Stelle viel Freude im neuen Lebensabschnitt). Ihre Nachfolge hat Laurent Munch angetreten, den wir auf diesem Wege in seiner neuen Funktion herzlich begrüssen. Bern zeichnet sich ein Wechsel ab. Brigitte Gilgen hat ja bereits vor längerer Zeit die Natalie-Stiftung verlassen und sieht in ihrem neuen Umfeld weniger Möglichkeiten für eine Tätigkeit im Rahmen einer Beratungsstelle. Mit ihrer Nachfolge stehen wir noch in Verhandlungen. Ich danke Brigitte Gilgen für ihre langjährige Unterstützung. Ihr und ihren Mitstreitern und Mitstreiterinnen sei für ihr Engagement von Herzen gedankt.

Sonderegger-Kommission

Wir freuen uns, dieses Jahr einen zweiwöchigen Affolter-Zertifizierungs-Kurs für Sonderegger-Therapeut/innen anbieten zu können. Hier werden Teilnehmer/innen angesprochen, die mindestens vier Kurswochen bei Hans Sonderegger nachweisen können. Durch die lange Zugehörigkeit von Hans Sonderegger zur APW gehen wir von ähnlichen Grundkenntnissen in Theorie und Praxis aus. Der Kurs findet im Therapiezentrum Burgau statt:

1. Woche: 7. – 11. September 2015
2. Woche 18. – 22. Januar 2016

Therapeut/innen mit einem absolvierten APW-anerkannten Basismodul sind ebenfalls willkommen. Wir freuen uns auf bereichernde Diskussionen und neue gemeinsame Wege. Es sind noch Plätze frei! Informationen sind im Büro der APW zu erhalten – dort besteht auch die Möglichkeit, sich anzumelden.

Das war es – nicht nur für heute, sondern für die Zukunft.

Ich verabschiede mich von allen, mit denen sich mein Weg als Vorstandsmitglied und als Co-Präsidentin der APW gekreuzt hat. Es war eine manchmal schwierige, oft schöne und immer lehrreiche Zeit, für die ich allen, deren Vertrauen ich in den vergangenen Jahren geniessen konnte, aus ganzem Herzen danke.

Bleibt gesund und der APW gewogen

Brigitte Pastewka
Co-Präsidentin