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… und nichts war mehr wie vorher!

Von der Geburt bis zur Diagnose

Am 14. Dezember 1992 erblickte Kathrin als Wunschkind die Welt. Während der Schwangerschaft ging es mir sehr gut. Ich hatte keine grossen Beschwerden und während der ganzen Zeit fühlte ich mich wohl. Kathrin war schon in dieser Zeit ein sehr ruhiges Kind. Sie bewegte sich nicht oft oder heftig. Manchmal spürte ich sie längere Zeit nicht mehr. Jedes Mal aber, wenn ich begann, mir Sorgen zu machen, kam wieder ein Fusstritt oder Boxhieb von ihr. Gerade so, als wollte sie mir sagen, ich lebe noch.

Als Kind in Steisslage kam Kathrin per Kaiserschnitt zur Welt. Ihre Apgarwerte waren sehr gut. Einzig ihr Saugreflex funktionierte überhaupt nicht. Ich pumpte die Muttermilch ab und gab sie ihr mit dem Schoppen. Sechs Wochen hielt ich das durch, dann hatte ich das Gefühl, ich sei nur noch am Abpumpen und Schöppeln. Danach stellte ich auf normale Flaschennahrung um. Kathrin war sehr pflegeleicht. Sie schlief sehr viel, eigentlich nur. Wenn ich besorgt anderen Müttern davon erzählte, war das alleinige Echo immer, sei doch froh, dass sie soviel schläft. Ich fühlte immer, dass das nicht ganz normal war. Manchmal musste ich sie sogar für den Schoppen wecken, sonst hätte sie nichts getrunken. In den monatlichen Kontrollen bei der Mütterberatungsschwester war die ersten acht Monate alles in Ordnung. Kathrin entwickelte sich nur sehr langsam. Aber immer noch so, dass man es akzeptieren konnte. Dann gab es einen Stillstand und die aufmerksame Schwester schickte mich für weitere Abklärungen zum Hausarzt. Nach weiteren vier Monaten überwies mich der Hausarzt an das Kinderspital St. Gallen. Unterdessen war ich schon wieder schwanger.

An einem Nachmittag im Februar durften wir für eine erste Abklärung ins Kinderspital. Vorher stand aber eine ordentliche Schwangerschaftskontrolle beim Frauenarzt auf dem Programm. Dieser hörte die Herztöne ab. Da ich sie das erste Mal nicht gehört hatte, suchte er sie nochmals für mich. Auf einmal stutzte er und bat mich, ins Ultraschallzimmer zu wechseln. Ich war besorgt und furchtbare Gedanken gingen mir durch den Kopf. Nach einigem Suchen fand er den Embryo und alles war in Ordnung. Ich war beruhigt, obwohl ich das Herz selber nicht gesehen hatte. Mein Frauenarzt suchte es nochmals, um es auch mir zu zeigen. Auf einmal fragt er:“ Wissen sie was ich jetzt gerade gesehen habe?“ Ich verneinte, aber mir schwante schon etwas. Es sind zwei! Sie bekommen Zwillinge!! Zum Glück lag ich schon auf dem Bett. Völlig aufgelöst fuhr ich mit dem Fahrrad nach Hause und verkündete meinem Mann die Neuigkeiten.

Ich war froh, kam mein Mann mit ins Kinderspital. Die Ärztin untersuchte Kathrin und stellte dann die Diagnose, cerebrale Lähmung. Ich wollte als erstes Wissen, wie vererbbar das wäre. Die Ärztin beschwichtigte mich und meinte, ich müsse mir keine Sorgen machen wegen der Zwillinge. Die Ursache bei Kathrin könnte eine kleine Hirnblutung gewesen sein. Sie verordnete ihr Physiotherapie. Entweder im Kinderspital, was uns die Ärztin empfahl, oder bei einer Aussenstelle in Gossau. Wir wählten für die Therapie das Kinderspital. Auf meine Frage nach weiteren Abklärungen meinte sie, die Hirnblutung könne so klein sein, dass man sie nicht sehen würde. Zudem hätte man Kathrin narkotisieren müssen, damit sie ganz ruhig liegen würde. Da es an der Therapie nichts geändert hätte, beschlossen wir, keine weiteren Untersuchungen zu machen. Von diesem Tag an war nichts mehr in meinem Leben wie vorher.